Schwarzes Brett im Detail

Ausbau der Bahnstrecken

aktuelle Informationen

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

nachstehend finden Sie einen Bericht über die Podiumsdiskussion zum Thema Bahnstrecken (Alpha-E) in Bardenhagen am 11.09.2023.

Beste Grüße sendet der Bürgermeister

Dr.R.v.Estorff

 

Ein klares „Jein“ zu Alpha E

 

Klare Kante gegen die Neubaupläne, dafür viele offene Fragen zur Umsetzung von Alpha E: die Diskussionsrunde um (von links) Moderator Jon Matz, Henning Otte, Jörg Hillmer, Tobias Schütte, Dirk-Ulrich Mende, Jan Henner Putzier, Anja Schulz und Pascal Leddin. Foto: wiepcke

Bardenhagen – Die Bürgerinitiative Bienenbüttel Pro Dialogforum hatte eingeladen und nahezu alle wichtigen Uelzener Vertreter aus der Bundes- und Landespolitik waren gekommen. Schließlich ging es am Montagabend bei der Podiumsdiskussion im Gut Bardenhagen darum, gemeinsam und geschlossen im Landkreis Uelzen Stellung gegen die Neubaustreckenpläne zu beziehen.

Dass die angeführten Argumente der Bahn gegen den Bestandsausbau zu kurz greifen und auf dem im Dialogforum erzielten Konsens mit Namen Alpha E beharrt werden muss, wurde von den Bundestagsabgeordneten Henning Otte (CDU), Dirk-Ulrich Mende (SPD) und Anja Schulz, den Landtagsabgeordneten Jörg Hillmer (CDU), Jan Henner Putzier (SPD) und Pascal Leddin (Grüne) mit Unterstützung durch dessen Fraktionsvorsitzenden Detlev Schulz-Hendel so dann auch klar zum Ausdruck gebracht.

Aber: Meinungsverschiedenheiten und neue Erkenntnissen im Hinblick auf die Umsetzung des Projekts förderte der offene Austausch ebenfalls zutage.

Keine Entscheidung im nächsten Jahr

Die wichtigste Nachricht: Eine Beschlussvorlage, mit der sich der Deutsche Bundestag auf eine Trassen-Variante festlegen will, wird es auch im kommenden Jahr nicht geben, äußerte sich Anja Schulz über den weiteren Verlauf des Projektes.

Denn erst einmal gelte es, ein Raumordnungsprogramm zu erstellen und endlich einen fairen Dialog mit allen Beteiligten voranzutreiben. Die Generalsanierung, in deren Zuge das geschehen müsse, werde aller Voraussicht nach vom Jahr 2026 ins Jahr 2029 verschoben (AZ berichtete).

Die Hoffnungen würden dabei auf einer „XXL-Varian-te“ ruhen, bei der möglichst große Teile von Alpha E umgesetzt werden, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Detlev Schulz-Hendel zu verstehen gegeben. „Wir wollen den Bestandsausbau, haben aber die Voraussetzung, dass er schlüssig und eingängig geplant ist“, sagte er.

Deswegen müsse man schrittweise vorgehen und bei Bedarf nachjustieren – eine Sichtweise, die auch Pascal Leddin („Wir brauchen diese Variante so schnell wie möglich“) und Jan Henner Putzier („Erst einmal muss die Generalsanierung mit kapazitätssteigernden Maßnahmen weitergehen und dann schauen wir, was sich noch umsetzen lässt“) teilten.

Jahrzehntelange Diskussion befürchtet

„Wir dürfen jetzt aber auch nicht anfangen, dass Vorhaben immer weiter hinauszuzögern“, mahnte zugleich Henning Otte. Nicht nur im Hinblick auf die bereits jahrzehntelange Planungsgeschichte, sondern auch angesichts der Vorstellung eines neuen Bundesverkehrswegeplanes im Jahr 2031 gelte das. Er befürchte, dass dann alle Bemühungen um eine Umsetzung des Bestandsausbaus durch neue Richtlinien bereits wieder zunichte gemacht werden könnten.

Dazu kamen von Seiten der CDU weitere Bedenken im Hinblick auf die Außenwirkung des Projektes. „Die Gefahr besteht, dass man jetzt mit ,Generalsanierung XXL‘ wieder einen neuen Begriff erzeugt, durch den das Bild in Berlin dann wieder diffus wird. Dann werden die Pläne wieder auseinandergerupft“, sagte Jörg Hillmer.

Und: Wer jetzt durch Zugeständnisse den Kompromiss Alpha E infrage stelle, riskiere, dass auch noch in den weiteren 30 Jahren mit offenem Ausgang über das Vorhaben diskutiert werde – obwohl gerade der Faktor Zeit bei der Diskussion eine entscheidende Rolle spiele. Eines der Hauptargumente, das von Seiten der Bahn für die Neubaustrecke angeführt wird, nach Ansicht der versammelten Runde aber nur zweitrangig ist, ist nämlich die Einhaltung des Deutschland-Takts.

Verlässlichkeit wichtiger als Tempo

Jan Henner Putzier sagte dazu auch mit Blick auf gehäufte Fahrtausfälle bei RBB und Metronom: „Die Frage der Verlässlichkeit muss doch viel höher bewertet werden, als drei oder vier gesparte Minuten.“ Gerade auf dem Land, wo die Bahn von vielen Menschen für den Arbeitsweg genutzt werde, sei dieser Punkt von enormer Bedeutung, pflichtete ihm Schulz-Hendel bei.

Weitere Zweifel, die die Bahn nach Ansicht der Politiker in puncto Neubaustrecke bisher nicht ausräumen konnte, bestehen auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Machbarkeit. Wie es beispielsweise energieversorgungstechnisch zu leisten sei, auf bestimmten Streckenabschnitten mit Geschwindigkeiten bis zu 300 km/h zu fahren, dazu mangele es bisher an überprüfbaren Daten, sagte Pascal Leddin.

Finanzieller Schaden noch nicht absehbar

Dirk Ulrich-Mende war sich ferner sicher, dass auch der Gegen-Protest der Bürger von der Bahn berücksichtigt werden müsse und sich in deutlichem finanziellen Schaden äußern könne: „Wir haben in Stuttgart gesehen, was es mit den Bürgern macht, wenn Politik hinter ihrem Rücken fortgeführt wird. Das kann keiner mehr wollen.“ Dazu die Folgen für die Umwelt, auf die Henning Otte hinwies: „Eine Neubaustrecke durch Landschaftsschutzgebiete, Moore und vieles mehr kann gar nicht ausgeglichen werden.“

Und schließlich war es auch Tobias Schütte, der als bürgerlicher Vertreter und Experte für das Aktionsbündnis für die Ostheide an der Diskussion teilnahm, welcher beim Thema Ökologie eine „Orientierung am Machbaren“ forderte: Man müsse sich erst einmal auf Alpha E einlassen und bei einzelnen Gesichtspunkten des Vorhabens immer wieder in einen offenen Dialog treten – dann reduziere sich der ökologische Schaden automatisch. „Wenn aber parallel eine Neubaustrecke geplant wird, wird die Bahn Alpha E gar nicht mehr ernst nehmen – deswegen lautet mein dringender Appell, dass das Vorhaben so weit wie möglich gemeinsam manifestiert werden soll.“

Genau dafür war der Abend auf Gut Bardenhagen ein Schritt in die richtige Richtung, weitere werden noch benötigt. Denn dass es etwa innerhalb der Landes-Grünen oder der Landes-SPD auch Mitglieder gibt, die sich gegen Alpha E positionieren – namentlich war Jakob Blankenburg aus dem Kreis Lüneburg genannt – rief trotz der betonten Einigkeit am Ende auch Kritik im Bezug auf das parteiübergreifende Vorgehen bei einigen Diskussionsteilnehmern hervor.

Quellenangabe: Allgemeine Zeitung vom 13.09.2023, Seite 5