Eine Uraufführung urgeschichtlicher Anmerkungen – 60 Jahre später
Barnstedt: Es war ein gewagtes Experiment des Dorfvereins Vicus e.V., das aber, um es vorweg zu nehmen, absolut gelang. Am 20. November kamen im Gasthaus Grote mehr als dreißig Interessierte zusammen, um einem Vortrag über die „geologisch-historische Entwicklung Barnstedts“ zu lauschen. Das Besondere an diesem Nachmittag bei Kaffee und Kuchen war, dass dieser Vortrag an gleicher Stelle bereits vor 60 Jahre gehalten worden war – von Ernst Eisfeld. Er war damals Lehrer in der alten Schule und sehr interessiert an der Frühgeschichte der Region und daran, wie sich Barnstedt im Zeitverlauf entwickelte.
Die Ausführungen des damals im Alter fortgeschrittenen Lehrers schnitt der damalige Verwalter des Gutshofes von Estorff, Jürgen Scharnhop, mit, der den Vortrag seinerzeit auch organisiert hatte. Über ihn gelangte das Tonband in die Hände von Randolf von Estorff, wie dieser in der Einleitung berichtete. In dem Bewusstsein, welcher Schatz ihm da in die Hände gefallen war, ließ er die alte Tonspule digitalisieren, die nun, anno 2022, öffentlich vorgespielt wurde. Um den Ausführungen besser folgen zu können, zeigte von Estorff verschiedene Karten der Region und von Barnstedt, in der viele alte Gemarkungsnamen vermerkt sind. Die launigen Ausführungen des früheren Lehrers lockerten das an sich trockene Thema auf und manche seiner Anekdoten ließen lautes Gelächter durch den Saal hallen. Ein Beispiel? Wie sei es zur Grenzziehung zwischen Barnstedt und Kolkhagen gekommen? Zwei Hähne hätten, so die Überlieferung, die Lösung bringen sollen. Sie sollten jeweils in den Dörfern starten und da, wo sie sich träfen, sollte die Grenze verlaufen. Doch da Kolkhagen eher magere und Barnstedt hingegen fette Böden habe, sei der Barnstedter Hahn nicht weit gewandert – zu lecker sei das Futter gewesen. Der Kolkhagener Hahn hingegen wäre weit gelaufen auf der Suche nach Futter, bis nahe an Barnstedt ran. Und so sei es dazu gekommen, dass die Dorfgrenze gleich hinter dem Barnstedter Mühlenberg begonnen habe. Vor allem erzählte Eisfeld davon, wie früher die Kinder auf den Feldern nicht nur steinzeitliche Äxte und Pfeilspitzen fanden, sondern auch grün angelaufenes „Gold“. Schon in der Stein- und Bronzezeit sei der Raum des heutigen Barnstedt Siedlungsgebiet gewesen – davon zeugen eben diese Funde, die aus in Folge des Ackerbaus geschliffenen Hünengräbern stammten. Es folgten noch viele Anmerkungen, bis zu den Befreiungskriegen. Der Gutsbesitzer bildete seinerzeit heimlich in einer ortsnahen Senke, der Reitbahn, Männer auf dem Pferde aus, die dann als Estorff´sche Husaren gegen Napoleons Truppen ins Feld zogen. Es ist außerordentlich spannend, diese vielen Geschichte über den Ort zu hören, die erahnen lassen, dass sich über die Jahrzehnte und Jahrhunderte zwar die Siedlung veränderte, aber eben Gemarkungsnamen von Generation zu Generation weitergetragen wurden. Den zweiten Teil des Vortrags von Ernst Eisfeld wird es im weiteren Verlauf des Winters zu hören geben – sicherlich wieder bei einem gemütlichen Stelldichein mit Kaffee und Kuchen im Gasthaus Grote.
Martin Langebach, Paul Pauksch